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Abkupfern um jeden Preis: Innovation war gestern

Gerne bezeichnen sich Tech-Firmen als innovativ, doch anstatt komplett neue Produkte auf dem Markt zu lancieren, kopieren sie von der Konkurrenz. Weil der Gewinndruck gross und die Risikofreude klein ist, erfinden sie nicht mehr, sondern machen vorhandenes kundenfreundlicher.

Während früher Formate wie etwa Minidisc (RIP) oder Laserdisc (RIP) neben dominanten Datenträgern wie CDs oder VHS-Kassetten noch vorhanden waren, scheint heutzutage die Unterhaltungsbranche von der Musik bis zur Filmdistribution nur auf ein Medium zu setzten: Streaming. Zwar gibt es innerhalb des Streaming-Angebots Variation, zum Beispiel Streaming mit hoher Samplingrate, aber letztendlich setzt die Industrie auf ein und dasselbe Format. Es steht ausser Frage, dass Streaming gegenwärtig das Medium der Stunde ist und das aus gutem Grund. Keine andere Lösung zaubert gefragte Inhalte so elegant und unkompliziert auf das Smartphone wie Streaming. An Bord des Streaming-Dampfers sind erlesene IT-Unternehmen wie Apple, Amazon, Google (mit Youtube) und Spotify und alle bedienen sich an den Produkten der Konkurrenz.

Ein weiteres Beispiel, das zeigt, wie gerne sich Unternehmen bei den Mitbewerbern bedienen, findet man bei den Social-Media-Plattformen Facebook und Twitter. Facebook kopiert von Twitter (Livestreaming und Trending News), Twitter kopiert von Facebook (Filtern von Inhalten).

Produkte-Homogenisierung statt Vielfalt

Statt einer Vielfalt von Produkten entsteht eine Homogenisierung. Firmen scheinen sich lieber auf ein paar wenige Entwicklungen zu konzentrieren, statt eigene zu lancieren. Das passt nicht zusammen mit dem Innovationsstempel, den sich viele Firmen gerne selber aufdrucken. „Innovation“ scheint das Lieblingswort der Marketingabteilungen zu sein und hat einen festen Platz im Vokabular des Managements. Was aber steckt wirklich dahinter?

Nimm Vorhandenes und verbessere es

Um zu verstehen, wieso im digitalen Bereich mehr geklaut wird als selbst erfunden, muss man einen Blick in die Strategien der Firmen werfen. So hat sich Apple selten dadurch ausgezeichnet, dass sie ein komplett neues Produkt lancierte, vielmehr hat es dieses nutzerfreundlicher gemacht. Apple lancierte genau so wenig den ersten MP3-Player, wie Facebook das erste soziale Netzwerk oder Google die erste Suchmaschine. Die Herausforderung ist nicht mehr, von Grund auf ein Produkt neue zu erfinden, sondern bestehende Ideen so zu synthetisieren, dass die Kunden darauf abfahren. Imitieren ist Teil der Unternehmensstrategie, es geht nicht darum, wer das Feature erfunden hat, sondern wer es gewinnbringend einsetzt.

Innovation ist nicht mit Markterfolg

Firmen stehen konstant unter Druck, Gewinne zu erzielen und Innovation ist teuer. Somit entscheiden sich Firmen lieber dazu, Innovationen von Dritten in ihre Produktpalette einfliessen zu lassen. Für Apple liegt es auf der Hand, ein Abo-Streaming-Service anzubieten: das Unternehmen verzeichnet über 800 Mio. registrierte iTunes-Nutzer, wenn auch nur drei Prozent davon sich für den Streaming-Dienst Apple Music anmelden, hat der IT-Konzern mehr Kunden als Marktführer Spotify. Zudem kann Apple seine Erfahrung in Sachen User Interface zu seinem Vorteil nutzen.

Ähnlich ist es bei Amazon, das auch in den Virtual Reality (VR) Markt vordringt. Amazon machte bereits Investitionen in Games und Filme wegen seinen Produkten Kindle und Fire TV, daher ist es nur logisch, dass auch VR ins Petto gehört. Die Strategie ist also lieber abzuwarten und die Innovation bei Bedarf in das Produkteraster zu integrieren, denn die Risikofreude ist klein und der Gewinn-Druck ist gross.

Der Markt Ruft

Darüber hinaus gibt es auch Märkte, die ein gigantisches Potenzial für Firmen bergen, und sie sich auch ein Stück des Kuchens abschneiden wollen. Streaming und Virtual Reality sind beides Bereiche, die wachsen. Im Falle von Streaming bezahlen bereits 40 Millionen Menschen für einen Musik-Dienst und diese Nummer steigt jährlich um 50 Prozent. Amazon wiederum schätzt, dass der VR-Markt im Jahre 2020 30 Milliarden Dollar schwer sein wird. Da will natürlich niemand aussen vor stehen.

 

Gastblogger Lorenz König macht was mit Medien und ab und zu was mit Musik. Seine Gedanken zum Gang der Welten veröffentlicht er auf dem Blog Boom-Town (https://medium.com/boom-town), sein Twitterhandle lautet: @lorenzkoenig

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